Menschenrechte/Flüchtlingspolitik


Die Anerkennung der angeborenen Würde und der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen bildet die Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt. 

Die Nichtanerkennung und Verachtung der Menschenrechte haben zu Akten der Barbarei geführt, die das Gewissen der Menschheit mit Empörung erfüllen.
 
Das höchste streben des Menschen gilt einer Welt, in der die Menschen Rede- und Glaubensfreiheit und Freiheit von Furcht und Not genießen (…) und Frau und Mann gleichberechtigt leben.

(Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der UN)

In diesem Sinne setze ich mich seit Jahren für die Einhaltung der Menschenrechte in Hamburg, in der Bundesrepublik, in Europa und weltweit ein. Je länger ich in diesem Bereich arbeite, um so deutlicher wird, dass kapitalistische Profit- und Verwertungslogik mit diesen Werten nicht vereinbar sind.
 

Grundlegende und lesenswerte Menschenrechtsverträge: 


Europäische Menschenrechtskonvention

Charta der UN - Völkerrecht







6. Dezember 2019
Todesfall Tonou-Mbobda: Viele wichtige Fragen bleiben offen

Am 21. April 2019 war William Tonou-Mbobda von Security-Kräften auf dem Gelände des UKE mit Gewalt fixiert worden und einige Tage darauf verstorben. In der gestrigen Sitzung des Wissenschaftsausschusses erklärte Staatsanwalt Mahnke, dass ursächlich für den Tod Mbobdas im strafrechtlichen Sinne das Vorgehen von Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes des UKE in Form eines repressiven Eingriffs gewesen sei. Der 34-jährige Kameruner habe einen Kollaps erlitten, für den die repressive Maßnahme der Security-Mitarbeiter ursächlich gewesen sei. Er habe zudem einen Herzfehler gehabt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Körperverletzung mit Todesfolge gegen drei Sicherheitsdienst-Mitarbeiter und eine Stationsärztin.

„Zu unserem großen Bedauern hat die Selbstbefassung des Wissenschaftsausschusses kaum einen Beitrag zur Aufklärung geleistet“, erklärt Deniz Celik, gesundheitspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft. „Viele wichtige Fragen bleiben auch nach sieben Monaten unbeantwortet. Zum Beispiel ob und wenn ja, weshalb Mbobda entgegen der S3-Leitlinie zur Vermeidung von Zwang und der Empfehlung von Expert_innen mit dem Gesicht nach unten auf den Boden gedrückt und womöglich getreten wurde. Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass das UKE scheinbar keine Konsequenzen aus dem Fall zieht und Securities die Anwendung von Zwang an Patient_innen nicht endlich strikt untersagt.“

Mehrere Zeug_innen hatten gegenüber Rechtsanwältin Heinecke erklärt, dass Mbobda ruhig auf einer Bank vor dem Krankenhaus saß, als er vom Sicherheitsdienst weggezerrt und brutal auf dem Bauch liegend festgehalten wurde. Ihm sei mehrfach mit dem Knie in die Nierengegend gestoßen worden. Drei Menschen hätten auf ihm gesessen, ihm sei der Mund zugehalten worden. Mbobda habe mehrfach gerufen: „Lasst mich los, ich kriege keine Luft mehr.“ „Die weiteren Umstände müssen nun im Ermittlungsverfahren und vor Gericht geklärt werden“, erklärt Martin Dolzer, wissenschaftspolitischer Sprecher der Fraktion. „Fraglich ist unter Anderem, ob und wenn ja warum ein ,lagebedingter Erstickungstod‘ als Todesursache ausgeschlossen werden kann.“

Für die Obduktion war laut Staatsanwalt die Rechtsmedizin des UKE unter Leitung von Prof. Dr. Püschel zuständig, eine Rechtsmedizinerin aus Rostock sei zugeordnet worden. „Wir fragen uns, ob es nicht einen objektiven Interessenskonflikt gibt, wenn bei einem Todesfall federführend ein Forensiker aus dem Haus des Geschehens für die Obduktion verantwortlich ist“, so Celik und Dolzer. Sie fordern eine trialogische Enquete-Kommission, um für die Psychiatrie Rahmenbedingungen zu schaffen, die derartige Tragödien soweit möglich verhindern. Zudem müsse ein Monitoring eingerichtet werden, das Diskriminierung in Psychiatrien systematisch erfasst.



18. APRIL 2019

Frontex-Ausbau: EU geht genau in die falsche Richtung

Das Europaparlament hat gestern das Budget der so genannten Grenzschutzagentur Frontex für die Jahre 2021-2027 auf 11,3 Milliarden Euro erhöht. Zudem soll die Zahl der Mitarbeiter_innen von 70 im Jahr 2016 auf 10.000 im Jahr 2027 gesteigert werden – damit wird Frontex zur größten EU-Agentur.

„Wir haben das Vorhaben der EU-Kommission, das nun vom Parlament beschlossen wurde, mehrfach im Europa-Ausschuss kritisiert. Der Ausbau von Frontex geht genau in die falsche Richtung, die Agentur ist mit ihrer falschen Ausrichtung und ihren Pushback-Operationen mitverantwortlich für mehr als 18.200 Tote im Mittelmeer in den letzten fünf Jahren“, erklärt dazu der europapolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft, Martin Dolzer. „Anstatt die Grenzen weiter militärisch abzuschotten und Hilfsorganisationen wie Sea Watch oder Sea Eye zu kriminalisieren, sollten legale Wege nach Europa geöffnet und Fluchtursachen wie asymmetrische Handelsbeziehungen und Krieg überwunden werden. Hamburg kann dazu mit dem Stopp von Rüstungsexporten durch den Hafen und den Ausbau des Fair Trade beitragen. Zudem könnte die Hansestadt eine Patenschaft für die ,Sea Watch‘ übernehmen.“




SOLIDARITÄT MIT LEYLA GÜVEN: MARTIN DOLZER IM HUNGERSTREIK

25.03.2019 - Artikel ANF

Der Abgeordnete der Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft, Martin Dolzer, ist in Solidarität mit der kurdischen Hungerstreikbewegung und der Forderung nach Aufhebung der Isolation Abdullah Öcalans in einen befristeten Hungerstreik getreten.

Am 7. November trat die damals noch inhaftierte HDP-Abgeordnete Leyla Güven im Gefängnis von Amed (Diyarbakir) in einen unbefristeten Hungerstreik. Mit ihrer Protestaktion fordert die 55-jährige Politikerin, die zugleich die Ko-Vorsitzende des zivilgesellschaftlichen Zusammenschlusses DTK (Demokratischer Gesellschaftskongress) ist, die Aufhebung der Isolation des auf der Gefängnisinsel Imrali inhaftierten PKK-Gründers Abdullah Öcalan. Der 70-Jährige gilt der kurdischen Freiheitsbewegung als legitimer Repräsentant. Mit dem Hungerstreik werden Bedingungen für ihn gefordert, in denen er als Vorsitzender einer Befreiungsbewegung leben und arbeiten kann, um so zur Lösung der kurdischen Frage beizutragen. Leyla Güven löste mit ihrem Hungerstreik eine große Solidaritätswelle aus. Nachdem sich überall in der Türkei und Nordkurdistan organisierte HDP-Mitglieder an der Aktion beteiligten und am 27. November auch die in türkischen Gefängnissen inhaftierten PKK- und PAJK-Gefangenen in einen Hungerstreik traten, beteiligten sich auch in Europa lebende Kurdinnen und Kurden an der Aktion. Mittlerweile sind es rund 7.000 politische Gefangene, die sich im Hungerstreik befinden und die Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen zwischen der PKK und der türkischen Regierung fordern.

Der Politiker und Internationalist Martin Dolzer, Abgeordneter der Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft, hat nun bekannt gegeben, in Solidarität mit Leyla Güven ebenfalls an dem Protest teilzunehmen. In einer Erklärung Dolzers heißt es:

„In der Türkei und weltweit finden Hungerstreiks von kurdischen Politiker*innen, Aktivist*innen und politischen Gefangenen gegen die Isolationshaftbedingungen von Abdullah Öcalan statt, dem seit 2011 jeglicher Kontakt mit seinen Anwält*innen verwehrt wird.

Am Sonntag habe ich mich für die nächsten Tage (bis nach unserer nächsten Parlamentssitzung am Mittwoch) diesem Hungerstreik angeschlossen – ich teile die Forderungen von Leyla Güven und den politischen Gefangenen. Die Forderung nach Anwaltsbesuchen und der Aufhebung der Totalisolation Abdullah Öcalans wäre ohne Weiteres sofort zu erfüllen und deren Umsetzung entspricht nationalem türkischen und internationalem Recht – sie zu erfüllen müsste eine Selbstverständlichkeit sein.

Leyla Güven, Abgeordnete der kurdischen HDP und Ko-Vorsitzende des Demokratischen Gesellschaftskongress, befindet sich seit nunmehr 138 Tagen im Hungerstreik, einige politische Gefangene seit drei Monaten. Sie könnten jeden Tag sterben. Weitere siebentausend politische Gefangene begannen am 1. März 2019 mit dem Hungerstreik. Drei politische Gefangene haben sich mittlerweile aus Protest gegen die Ignoranz der Verantwortlichen das Leben genommen.

Dieser Hungerstreik steht jedoch für das Leben, die Menschenrechte, Frieden und Demokratie. Er ist ein Aufschrei gehen systematisches und lang anhaltendes Unrecht. Dieser Aufschrei darf nicht überhört werden.

Es ist die kurdische Bewegung die für ein respektvolles Zusammenleben, Menschenrechte, Frieden und Demokratie und die Gleichberechtigung steht – in Rojava, in den kurdischen Provinzen der Türkei, im Iran und im Kandil sowie weiteren Regionen im Nordirak bauen die Kurd*innen im Rahmen des Demokratischen Konföderalismus gemeinsam mit weiteren dort lebenden Bevölkerungs- und Religionsgruppen basisdemokratische Strukturen auf. Die Schönheit dieses Prozesses strahlt, trotz aller Widrigkeiten und Angriffe, weltweit.

Abdullah Öcalan könnte in Bezug auf eine friedliche und demokratische Entwicklung der Türkei und des Mittleren Ostens eine weit ausgeprägtere Rolle spielen – ähnlich wie einst Nelson Mandela in Südafrika ist er die zentrale Figur für respektvollen Dialog. Eine positive und eigenständige Entwicklung der Region ist bisher allerdings aus geostrategischen Gründen seitens der Bundesregierung und der EU sowie der USA und weiterer internationaler Kräfte nicht gewollt.

Deshalb ist es um so wichtiger, dass sich weltweit humanistisch und demokratisch gesinnte Menschen mit den Hungerstreikenden solidarisieren und gesellschaftlichen Druck auf die Herrschenden ausüben – so dass zumindest im ersten Schritt die wichtigsten Menschenrechte eingehalten werden. Das Leben von Leyla Güven und den politischen Gefangenen muss durch die Erfüllung ihrer Forderungen gerettet werden.

Die Bundesregierung und die Verantwortlichen in der EU sollten diesbezüglich endlich eine positive Rolle spielen und entschiedenen Druck auf die Regierung Erdogan ausüben, dass diese die Menschenrechte einhält und den berechtigten Forderungen entspricht.

Ich werde in den nächsten Tagen das Gespräch mit Vertreter*innen der Kirche, der Zivilgesellschaft und der Politik suchen, gemeinsam mit Freund*innen den Protest gegen das anhaltende Unrecht öffentlich zum Ausdruck bringen und kulturell-politische Aktivitäten vorbereiten – und hoffe dadurch dazu beitragen zu können, das weitgehende Schweigen zu dem Hungerstreik brechen zu können. Ein Aufschrei weiter Teile der Gesellschaft ist mehr als nötig!

Ich bin mir bewusst, dass diese symbolische kurze Form des Hungerstreiks im Vergleich insbesondere zur Last Leyla Güvens und der politischen Gefangenen nur ein kleiner Schritt ist.

Ich grüße Leyla Güven und die Hungerstreikenden in den Gefängnissen, in Straßburg, in Wales, Kanada, Deutschland und den vielen weiteren Orten weltweit aus ganzem Herzen und Wünsche weiter viel Kraft!
Berxwedan jîyan e.”



   6. Februar 2019
Angriffe auf Venezuelas Regierung in Hamburg müssen verhindert werden!

Während die USA mit einer völkerrechtswidrigen Militärintervention in Venezuela drohen, werden auch Diplomat_innen und Konsulate des südamerikanischen Landes in Europa zur Angriffsfläche. Auch das Konsulat in Hamburg wurde zum Ziel von undifferenzierten Schmierereien und Besetzungsdrohungen. Weitere solche Angriffe müssen, insbesondere in einer Stadt, die sich als Mittlerin des Friedens definiert, verhindert werden. Ein sorgsames und dialogorientiertes Vorgehen des Senats kann auch in Hamburg zu einer Deeskalation beitragen. Die ist dringend nötig:

Bei der Selbsternennung Juan Guaidós zum Präsidenten Venezuelas handelt es sich um einen lange angekündigten und unter Druck der US-Regierung durchgeführten, inakzeptablen Putschversuch im Rahmen eines neoliberalen Rollbacks in Lateinamerika. Der oftmals als Legitimation zitierte Artikel 233 der venezolanischen Verfassung hat einen vollkommen anderen Regelungsgehalt und kann in der jetzigen Situation nicht angewandt werden.

UN-Sonderberichterstatter Jazairy erklärt zu Recht, dass das gezielte Einsetzen ökonomischer und militärischer Maßnahmen zur Herbeiführung eines Regierungswechsels gegen internationales Recht verstößt. Die Anerkennung Guaidós als Interimspräsident bedeutet einen Bruch nationalen Rechts in Venezuela wie des Völkerrechts.
Um nicht weiter internationales Recht zu brechen, müssten als erste Schritte Einmischungen seitens der USA und von Regierungen aus Europa beendet und der Boykott gegen das Land aufgehoben werden. Ob dann bei den nächsten Parlaments- oder Präsident_innenwahlen die Opposition oder die Regierung Maduro die Mehrheit erhält, ist eine Entscheidung der Venezolaner_innen.



20.Oktober 

Das erste Refugee and Migrant Parliament in Brüssel


Mehr als 100 Vertreter von 30 Geflüchteten- und Migrantenorganisationen trafen sich am Mittwoch und Donnerstag im Europaparlament in Brüssel zum ersten »Refugee and Migrant Parliament«. Eingeladen zu der Konferenz hatte die Fraktion GUE/NGL (Vereinte Europäische Linke/Nordische Grüne Linke). Die Situation der Geflüchteten in Europa, Fluchtursachen, die Abschottungspolitik der EU sowie der Auf- und Ausbau von Netzwerken und Strategien der Intervention auf parlamentarischer und außerparlamentarischer Ebene waren die Themen, die diskutiert wurden. 

»Sollte es uns wirklich ernst damit sein, Geflüchtete und Migranten in unserer Gesellschaft willkommen zu heißen, müssen wir ihnen endlich auch auf Augenhöhe begegnen und sie für sich selbst sprechen lassen. Eine aufrichtige Inklusion bedeutet, ihnen zuzuhören, zu versuchen, ihre Probleme zu verstehen und ihre Sichtweisen zu erfahren, und dann gemeinsam zu handeln«, so Cornelia Ernst, migrationspolitische Sprecherin der Delegation Die Linke im Europaparlament.
Ali Ahmed Abitalib, ein Sprecher der Gruppe »Lampedusa in Hamburg«, kritisierte, dass die Institutionen der EU sich nicht an die Genfer Konventionen halten und mit Push-Back-Operationen, also dem Zurückdrängen von Ausländern ohne Aufenthaltsgenehmigung an der Grenze, im Mittelmeer gegen Völkerrecht verstoßen. »Die Mitgliedsstaaten der EU sollten statt Maschinen zum Töten Maschinen für den Erhalt der Gesundheit, für die Landwirtschaft, für Infrastruktur und für Bildung exportieren«, sagte er.
Während der ersten Podiumsdiskussion, die sich dem Kampf für »fundamentale Rechte und gegen Ausbeutung« widmete, beschrieben Siliman Musse und Abu Moro von der Organisation Sfruttazero die zunehmend rassistische Praxis der rechten Regierung Italiens sowie Ausbeutungsbedingungen in der Landwirtschaft. »Die selbstorganisierte Auseinandersetzung um Arbeitsrechte, der Schutz der Gesundheit und das Recht, am Leben zu bleiben, sind für uns zentrale Punkte. Immer wieder kommen in Italien Geflüchtete durch veraltete Landwirtschaftsmaschinen und wegen inakzeptabler Arbeitsbedingungen ums Leben«, so Musse. Ali Alasan von der Internationalen Koalition der Sans-papiers (Coalition Internationale des Sans-Papiers Migrants et Refugiés, CISPM) betonte, das Recht auf Bewegungsfreiheit sei essentiell und nicht verhandelbar. »Wir fordern den sofortigen Stopp der Abschiebungen und die Beendigung der Angriffe auf die Würde von Geflüchteten durch Abschottung, die Unterbringung im menschenverachtenden Lagersystem und institutionellen Rassismus. Um unsere Rechte durchzusetzen, müssen wir uns besser vernetzen als bisher.«
Siliman Musse (Sfruttazero)
Die französische GUE/NGL-Abgeordnete Marie-Christine Vergiat moderierte die zweite Podiumsdiskussion, bei der es um die Verantwortung der EU für Flucht und Migration ging. Betont wurde das Engagement der Fraktion gegen die neokolonialistische Politik der EU und für offene Grenzen. Anna Zobnina vom »European Network of Migrant Women« sagte, dass geflüchtete Frauen in den auch in der EU vorherrschenden patriarchalen Strukturen zusätzlichen Unterdrückungsmechanismen ausgesetzt sind. »Frauen ohne legalen Status können Vergewaltigungen oder Misshandlungen nicht anzeigen, da ihnen dann die Abschiebung droht. Zudem hat sich der Menschenhandel mit Geflüchteten stark ausgeweitet. Die Zahl jener, die in die Prostitution gezwungen werden, hat sich allein in Italien in den letzten Jahren verzehnfacht. Die meisten betroffenen Frauen sind zwischen 13 und 16 Jahren alt.«
Martin Dolzer (MdHB DIE LINKE) und Sabine Lösung (MdEP DIE LINKE)
Abdul Halim Hamaidi vom »World Hazara Council« beschrieb die anhaltende Zerstörung Afghanistans durch das Handeln der westlichen Staaten und die besondere Ausgrenzung der Bevölkerungsgruppe der Hasara. Razia Arroje, Mitglied in RISE (Refugee and Immigrant Services and Empowerment), forderte, finanzielle Hilfen der EU für den Aufbau von Volkswirtschaften beispielsweise in Afrika und dem Nahen Osten zur Verfügung zu stellen anstatt für den Ausbau der europäischen Grenzagentur Frontex.
Am Ende der Konferenz verabschiedeten die Teilnehmer eine Resolution mit zahlreichen weiteren konkreten Forderungen. Das »Refugee and Migrant Parliament« soll zukünftig jährlich stattfinden.
(Artikel von Martin Dolzer aus der jungen Welt vom 20. Oktober) 

  Interview mit Kone Brah Hema - CISPM Italien  
  Artikel in Domradio






Death is the direct consequence of recent criminalisation of NGO rescue boats


Two Left MEPs travelling with a humanitarian boat carrying refugees and migrants to safety in Europe have been speaking after arriving in Barcelona.

The ‘Open Arms’ - which was carrying 59 migrants and refugees who had been rescued off the Libyan coast on 30th June - and the observation vessel ‘Astral’ docked at 11h00 today in the port city.

The ships were run by Proactiva Open Arms, a Spanish NGO devoted to search and rescue at sea. The two boats had previously been refused entry into both Italian and Maltese waters - in contravention of the international Law of the Sea and the fundamental human rights of 59 people.

The refugees’ plight on board the ‘Open Arms’ coincided with the EU Council summit last week on migration, and its failure to come up with concrete measures to tackle the crisis - in particular, the refusal by the hard-line Italian government to come to any compromises.

The missions also took place as the Italian authorities’ recent actions to seize and criminalise crews for rescuing migrants was debated at the European Parliament on Tuesday evening.

Speaking from Barcelona, Miguel Urbán (Podemos, Spain) and Eleonora Forenza (L'Altra Europa con Tsipras, Italy) have expressed their outrage of what they have witnessed, and the failure of the EU to act humanely in this crisis.

Italian MEP Forenza said:

“We observed Open Arms’ rescue work, which is enduring a shameful criminalisation process like other NGOs.”

“During this mission - which took place during the EU Council summit on migration - we have witnessed the failure of the EU’s migration policies and the Italian government’s disgraceful closure of the ports.”

“Similarly, it is outrageous that European Parliament’s resolution on reform the Dublin regulation have been ignored by the Council,” she said.

Spanish MEP Urbán also criticised the EU’s current migration policy:

“We are demonstrating that Fortress Europe exists alongside a Europe of refuge and welcome, which has its fullest expression in sanctuary cities and in cities of change, such as Barcelona.”

“The EU's migration policies have direct consequences: death. Recently, 1,000 people have drowned in the Mediterranean. In the last four days, 500 people have died. This are also direct consequences to the placing of obstacles in the way of NGOs that carry out humanitarian rescue work. Right now, no NGO boats are operating in the Mediterranean. This translates directly into deaths.”

“The people who arrived today in Barcelona could have died. Despite harassment and criminalisation, it is thanks to NGOs such as Proactiva Open Arms that they are alive. Leaving the rescue work to Libyan paramilitaries is not only ineffective and irresponsible, but it leads to death and blood stains on our hands,” he concluded.


   14. Dezember 2017

Lampedusa-Gruppe braucht politische Lösung statt Kälte und Gängelei!






Die Versammlungsbehörde hat neue Auflagen für das Kundgebungszelt der Gruppe »Lampedusa in Hamburg« am Steindamm erlassen. Diese sehen vor, dass das Zelt ständig, auch in der Nacht, an drei Seiten geöffnet sein muss. Dazu erklärt Martin Dolzer, justizpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft: »Die neuen Auflagen sind nicht erfüllbar. Wenn sie in Kraft treten, wäre die Kundgebung faktisch beendet, denn gerade in den Wintermonaten ist es einfach nicht möglich, dass Zelt ständig offen zu halten. Diejenigen, die das Zelt unter solchen Bedingungen betreuen würden, müssten wegen der Kälte ihre Gesundheit aufs Spiel setzen.«Zudem sei das Zelt auch ein Schutzraum für die Geflüchteten, so Dolzer. Bei einer Öffnung steige womöglich auch das Risiko von Übergriffen.

Die »Lampedusa-Flüchtlinge« fordern weiter ein gemeinsames Aufenthaltsrecht nach § 23 oder § 25 des Aufenthaltsgesetzes. »Das ist berechtigt, denn ihre Rückkehr ins politisch zerrüttete Libyen ist unmöglich«, so Dolzer. »Der Senat muss sich endlich auf die Gruppe zubewegen und ihr eine humane politische Lösung anbieten. Das Bereitstellen eines geschützten Raumes in St. Georg wäre sicher ein guter erster Schritt, um die seit Jahren festgefahrene Situation menschenwürdig zu lösen.«





Grund- und Menschenrechte in der BRD

Gefahrengebiete sind nicht mit dem Grundgesetz vereinbar

Mehr als 40 Mal hat die Hamburger Polizei in den letzten Jahren Orte, Straßenzüge und ganze Stadtteile zu Gefahrengebieten erklärt. Das älteste Gefahrengebiet in St. Georg besteht ununterbrochen seit dem 1. Juni 1995, zwei weitere in St. Pauli seit 2001 beziehungsweise 2005. Mehrere hunderttausend verdachtsunabhängige Kontrollen wurden in diesen Gefahrengebieten durchgeführt. Oft sind die Kontrollen mit „Racial Profiling“ (s.u.) verknüpft. Menschen werden nach ihrer Hautfarbe kontrolliert. 

Das Ausmaß des jüngsten Gefahrengebiets in St. Pauli und Altona hat vielen Menschen deutlich gemacht: Für einen Rechtsstaat ist dieses Mittel nicht tragbar. Die Fraktion DIE LINKE forderte daher mit einem Antrag in der Hamburgischen Bürgerschaft (Drs. 20/10500) die Abschaffung der Gefahrengebiete. Anfang des Jahres 2014 wurden in zehn Tagen knapp 1000 Menschen kontrolliert und unzählige Straßensperren eingerichtet. Die Polizei verwandelte ganz St. Pauli in ein Ausnahmezustandsgebiet. Dabei kam es zu Polizeibergriffen, Beschimpfungen von Passanten Aufenthaltsverboten und Platzverweisen. In vielen dokumentierten Fällen begründeten Beamte die Kontrolle oder Platzverweise auf Nachfrage mit den Worten: „Wir machen das, weil wir es dürfen – oder: Warum Sie einen Platzverweis bekommen, wissen Sie schon selber.“
 
Die Einrichtung von Gefahrengebieten, in denen Menschen verdachtsunabhängig kontrolliert werden können, ist seit 2005 im Hamburger „Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei“ geregelt. Darin heißt es: „Die Polizei darf im öffentlichen Raum in einem bestimmten Gebiet Personen kurzfristig anhalten, befragen, ihre Identität feststellen und mitgeführte Sachen in Augenschein nehmen, soweit auf Grund von konkreten Lageerkenntnissen anzunehmen ist, dass in diesem Gebiet Straftaten von erheblicher Bedeutung begangen werden und die Maßnahme zur Verhütung der Straftaten erforderlich ist“ (§ 4 Abs. 2). 
 
Es bedarf keiner richterlichen Anordnung um ein Gefahrengebiet einzurichten. Die Maßnahme muss nicht zwingend öffentlich gemacht werden, eine genaue zeitliche Befristung ist nicht vorgesehen. Bei einer verdachtsunabhängigen Kontrolle kann Jede/r durchsucht werden, die/der nach den Einschätzungen der Polizei potenzielle/r Straftäter/in sein könnte. Ein konkreter Verdacht gegen die Person ist dafür nicht nötig.
 
Im Zusammenhang mit dem „Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ ist das „Gesetz zur Datenverarbeitung der Polizei“ ein Selbstermächtigungsgesetz, das weit über diese offensichtliche Problematik hinausgeht und an vielen Punkten juristische oder politische Kontrolle ausschließt. Aus vagen Einschätzungen heraus – zu denen wie im Januar 2014 ein erfundener Angriff auf die Polizeiwache „Davidwache“ gehören kann – werden Maßnahmen abgeleitet, die weit in die Grund- und Freiheitsrechte der Menschen eingreifen. Zur Gefahrenabwehr dürfen über die Einrichtung von Gefahrengebieten hinaus aufgrund von Lageerkenntnissen Wohnungen verwanzt, Internetaktivitäten überwacht und Telefone abgehört werden. Auch Observationen und die Aufzeichnung von Gesprächen sind möglich.

In der Strafprozessordnung ist eigentlich deutlich geregelt, dass für solche Maßnahmen richterliche Beschlüsse zwingend vorgeschrieben sind. Durch die erwähnten Gesetze werden diese Eingriffe für eine gewisse Zeit lediglich auf Anordnung eines höheren Polizeiführers möglich. So wird die Polizei zum eigenständigen und nicht kontrollierbaren politischen Akteur. 
 
Der Protest der Hamburgerinnen und Hamburger gegen die Gefahrengebiete war vehement, vielfältig und kreativ: Sie verabredeten sich zur Kissenschlacht im Gefahrengebiet oder schwangen Klobürsten, nachdem ein Polizist das Putzgerät als Schlagwaffe beschlagnahmt hatte. Letztendlich wurden die vorübergehenden Gefahrengebiete nach massiven Protesten am 10. Tag wieder aufgelöst.
 
Es kann nicht sein, dass Behauptungen oder die Einschätzung von Polizeibeamten ausreichen, um tausende Bürger unter Generalverdacht zu stellen oder ohne richterliche Anordnung in die Privatsphäre von Menschen einzudringen. Politische Streitfragen und soziale Probleme müssen im Dialog und auf demokratische Weise gelöst werden,“ erklärt Martin Dolzer, Kandidat der Partei DIE LINKE zur Bürgerschaftswahl. 

 
Artikel zu rassistischen Kontrollen in Hamburg:

KZ-Überlebende Esther Bejarano: "Die Asyl- und Flüchtlingspolitik in Deutschland ist unerträglich. Wie der Hamburger Senat agiert ist eine Schande"
 
Artikel aus der Zeitung Junge Welt - Von Martin Dolzer - 14.10.2013

Afrikanisch aussehende Menschen lässt der Hamburger Senat seit einigen Tagen verstärkt kontrollieren. Um die Identität der mehr als 350 Flüchtlinge der Gruppe »Lampedusa in Hamburg« festzustellen, scheint jedes Mittel recht. Zudem nahm die Polizei in den letzten sechs Tagen 29 schwarzafrikanische Kriegsflüchtlinge aus Libyen vorübergehend in Gewahrsam. Viele wurden erkennungsdienstlich behandelt. Etlichen Hamburgern reicht’s: Jeden Tag gehen zwischen 700 und 1300 Menschen auf die Straße. Polizeikessel, Ingewahrsamnahmen und Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten sind die Folgen. Immer mehr Menschen überwachen mittlerweile die Kontrollen. Die Bürgerschaftsfraktion der Linken bezeichnete diese Praxis in einem Brief als rassistisch und forderte die Polizisten auf, sich dagegen zu wehren.

Am Freitag informierten die Flüchtlinge von „Lampedusa in Hamburg“ im Kulturzentrum Kölibri über ihre Lage. „Wir sind aus Libyen vor Krieg und Massakern geflohen. Dort konnten vor Kriegsbeginn mehrere Millionen Flüchtlinge in Würde leben. Es ist kaum zu verstehen, warum in einem Land, das die Demokratie proklamiert, keine Bereitschaft besteht, 350 Menschen in einer humanitären Notlage zu helfen,“ so Anane Kofi Mark, ein Sprecher der Gruppe. „Statt dessen werden wir kontrolliert und kriminalisiert. Weite Teile der Bevölkerung unterstützen uns. Die Politiker sollten ihre Strategie, die die ganze Stadt ins Chaos stürzt, überschlafen und endlich den Dialog suchen“, ergänzte Friday Emitola, ebenfalls Sprecher.

Die Anwältinnen Daniela Hödl und Cornelia Ganten-Lange kritisierten, dass sämtliche Maßnahmen gegen die Flüchtlinge rechtswidrig seien. „Die Betroffenen haben Pässe und weitere Dokumente aus Italien. Da die Polizei keine Zweifel an ihrer Identität äußerte, hätten sie nach den Personenkontrollen sofort frei gelassen werden müssen“, erklärte Hödl.

Einer der Betroffenen schilderte das Vorgehen der Beamten. Er habe mehrmals vergeblich verlangt, seine Anwältin anrufen zu können. Um ihm gegen seinen Willen Fingerabdrücke abzunehmen, sei er gewürgt und misshandelt worden. Eine Nacht habe er ohne Rechtsgrundlage, trotz Intervention der Anwältin, im Untersuchungsgefängnis verbringen müssen. Während der Innensenator die Flüchtlinge auffordere, sich freiwillig bei den Behörden zu melden, »um endlich ein geordnetes Verfahren zu ermöglichen«, würden die Verantwortlichen ständig geltendes Recht brechen, kritisierte Rechtsanwältin Hödl.

Esther Bejarano, Überlebende der Konzentrationslager Auschwitz und Ravensbrück, machte deutlich, was es bedeutet, wenn Menschen in Not Schutz verweigert wird. „Die gesamte Asyl- und Flüchtlingspolitik in Deutschland ist unerträglich. Wie der Hamburger Senat agiert, ist eine Schande. Die Politiker sollten sich erinnern, was Rassismus alles bewirken kann“, forderte Bejarano. Auch bei der Verleihung des Hans-Frankenthal-Preises des Auschwitz-Komitees waren am Donnerstag abend in Glinde Lampedusa-Flüchtlinge anwesend. In der Laudatio hieß es: »Einige Glinder Lampedusa-Flüchtlinge sind heute bei uns, können sich unter dem Schutz des Bundeslandes Schleswig-Holstein frei bewegen. Der Hamburger Senat hingegen verspielt gerade die Chance, ein Zeichen für Menschlichkeit zu setzen. Die Regierenden müssen es nur wollen, anstatt sich in bürokratischer Manier hinter Gesetzen zu verschanzen.“




Urteil des Oberverwaltungsgerichts Koblenz zu "Racial Profiling" 

Presseinformation von der Homepage der Anwaltskanzlei Sven Adam

lesen 
 




Menschenrechte International

Im Bereich meiner menschenrechtlichen und flüchtlingspolitischen Arbeit bin ich direkt mit den Grausamkeiten des Krieges und dessen physischen und psychischen Folgen konfrontiert. Um Menschenrechtsverletzungen entgegenzuwirken und Krieg zu verhindern verknüpfe ich seit 10 Jahren außerparlamentarische Arbeit mit Interventionen auf Ebene des Bundestags, des Europaparlaments, vor Gerichten und in weiteren Gremien der EU.

Seit 13 Jahren nehme ich an Menschenrechtsdelegationen in den Mittleren Osten (Türkei, Kurdistan, Irak) teil und beschäftige mich intensiv mit Verfahren internationaler sowie alternativer Konfliktregulierung, Friedensprozessen, Wahrheitskommissionen und Traumaaufarbeitung. Beobachtungen politischer Gerichtsverfahren. Dokumentation von Kriegsverbrechen.



Rojava und die Verteidigungseinheiten YPG in Kobane müssen international unterstützt werden!
 



Menschenrechtsverletzungen in der Türkei 2013 besorgniserregend

Anfang März 2014 wurde der Jahresbericht 2013 der türkischen Menschenrechtsorganisation Insan Haklari Dernegi (IHD) veröffentlicht. 

Dem Bericht zufolge wurden 44 Menschen extralegal hingerichtet, 33 Menschen starben im Gefängnis, 9 Menschen wurden bei den Geziparkprotesten von der Polizei getötet, landesweit insgesamt 9564 im Verlauf von Demonstrationen von „Sicherheitskräften“ verletzt. 6977 Menschen wurden auf Demonstrationen festgenommen, 187 davon sind noch inhaftiert.  

Die Menschenrechtsverletzungen durch staatliche Kräfte in der Türkei sind besorgniserregend. Gravierende Probleme sind die Straflosigkeit der Täter aus dem Staatsdienst, die Einschränkung der Pressefreiheit und der Mißbrauch der "Anti Terror Gesetze", um jegliche wirksame Opposition auszuschalten", erklärt Martin Dolzer, Kandidat der Partei die Linke zur Europawahl. „Folter, extralegale Hinrichtungen und die Inhaftierung von Kindern müssen sofort aufhören. Die EU sollte im Rahmen der Beitrittsverhandlungen stärkeren politischen Druck auf die Türkei ausüben und die `Sicherheitspolitische Zusammenarbeit´ neu bewerten."

Die extralegalen Hinrichtungen fanden hauptsächlich in den kurdischen Provinzen des Landes statt. 19 Personen, davon zwei Kinder, wurden erschossen weil sie vermeintlich Anweisungen von Sicherheitskräften nicht Folge leisteten, 2 Personen wurden von Dorfschützern erschossen 5 verwundet. 22 Personen, davon 3 Kinder wurden von Soldaten in grenznahen Regionen erschossen. Zudem wurden 18 Menschen von „Unbekannten Tätern“ ermordet, bei weiteren 30 Menschen ist die Todesursache ungeklärt.

In den türkischen Gefängnissen herrschen nach wie vor inhumane Zustände, mangelnde Gesundheitsversorgung und Folter. Insgesamt wurden dort 3060 Menschenrechtsverletzungen angezeigt. Davon 834 Fälle von Folter – 32 davon gegen Kinder. Immer noch befinden sich 1987 Kinder, entgegen der Kinderrechtsresolution der UN, in Haft. Von den 33 im Gefängnis gestorbenen Menschen, starben 7 aufgrund von Krankheit, 26 begingen Selbstmord. Mehr als 200 politische Gefangene sind lebensbedrohlich erkrankt.

233 Menschen zeigten Folter durch Sicherheitskräfte in Polizei und Jandarmagebäuden an. 307 Menschen wurden außerhalb von Institutionen misshandelt, 6 Menschen von Dorfschützern gefoltert, 32 von privaten Sicherheitsdiensten. 14151 Menschen, davon 59 Kinder waren Opfer von Polizeiübergriffen im Verlauf von Demonstrationen.

Die Zahl der Frauenmorde nahm im Vergleich zu 2012 (177) zu. 269 Frauen wurden 2013 ermordet.

Homepage des IHD


Proteste gegen Polizeigewalt in der Türkei

15 jähriger Junge, der bei den Geziparkprotesten von einer Tränengasgranate getroffen wurde, gestorben

Die Türkei erlebt derzeit die Rückkehr der Gezi-Park-Bewegung. Keine drei Wochen vor den Kommunalwahlen sieht sich Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan erneut massiven Protesten ausgesetzt. Auslöser war der Tod des 15jährigen Schülers Berkin Elvan. Der Junge, der während der Massenproteste gegen Erdogan im Juni vergangenen Jahres beim Brotkaufen von einer Tränengasgranate der Polizei am Kopf getroffen worden war und seitdem im Koma lag, war zu einem Symbol für die Polizeigewalt des Erdogan-Regimes geworden. Am Dienstag starb er in einem Istanbuler Krankenhaus. 

Bei den Protesten wurden erneut zwei Menschen getötet. Ein Polizist starb in Tunceli/Dersim an einem Herzinfarkt, der durch exzessiven Tränengaseinsatz ausgelöst wurde, ein Mensch starb in Istanbul bei einer Auseinandersetzung zwischen Demonstranten und Rechtsradikalen. Die Menschenrechtsstiftung TIHV (Türkiye Insan Haklari Vakfi) berichtet, dass zudem mehr als 450 Menschen in Gewahrsam genommen und 59 verletzt wurden.

„Die Menschenrechtsverletzungen bei den Geziparkprotesten und den jetzigen Demonstrationen sind nur die traurige Spitze des Eisbergs. In den letzten drei Jahren starben zudem in den kurdischen Provinzen 12 Menschen durch gezielten Beschuss mit Tränengasgranaten. Noch immer sind mehr als 11000 politische Gefangene inhaftiert - darunter auch Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Anwältinnen und Anwälte," kritisiert Martin Dolzer.

Die unabhängige Internet-Nachrichtenagentur bianet" berichtet auf Englisch über die Ereignisse:

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Strafanzeige gemäß bundesdeutschem Völkerstrafgesetzbuch gegen türkische Regierung wegen Kriegsverbrechen

Gemeinsam mit der Autorin Doris Gercke (Bella Block), dem Völkerrechtsprofessor Norman Paech, dem Bundestagsabgeordneten Harald Weinberg (DIE LINKE), Dr. med. Gisela Penteker (IPPNW), der Stadträtin von Nürnberg Marion Padua und der Menschenrechtsorganisation MAF-DAD – Verein für Demokratie und internationales Recht e.V. habe ich am 31.10. 2011 eine Strafanzeige auf Grundlage des Völkerstrafgesetzbuches gegen Ministerpräsident Erdogan sowie mehrere Verteidigungsminister und Generalstabschefs der türkischen Armee wegen schwerer Straftaten im Krieg gegen die kurdische Bevölkerung gestellt. 

Angezeigt wurden vom Kriegsvölkerrecht geächtete Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Zeit zwischen 2003 und 2011. Eingereicht wurde die Anzeige von Rechtsanwältin Britta Eder und Rechtsanwalt Dr. Jürgen Schneider.

Ausschlaggebend für die hier dokumentierte Strafanzeige waren u.a. der Einsatz chemischer Kampfmittel durch die türkische Armee gegen die kurdische Guerilla in den Jahren 2009-2011. Sie stellten eine weitere Überschreitung der Grenzen dar, die das humanitäre Völkerrecht bewaffneten Auseinandersetzungen, seien sie internationaler oder nur nationaler Art, gezogen hat. Da weder der UNO-Sicherheitsrat noch der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag dieser offen völkerrechtswidrigen Eskalation des Krieges gegen Kurdinnen und Kurden ihre Aufmerksamkeit schenkten, sahen wir es als geeignetes Mittel eine nationale Justiz aufzufordern, die Kriegsführung der türkischen Armee zu überprüfen.

Die Anzeige beschränkte sich nicht auf die Fälle chemischer Kampfführung, sondern umfasste auch exemplarische Fälle von Mord und Folter durch türkisches Militär und Mitglieder von Sondereinheiten. Sie sind alle durch Zeugenaussagen und Fotomaterial einwandfrei beweisbar, sie sind gleichsam die Spitze eines Eisbergs, der zu Recht als Staatsterror bezeichnet wird.

Eine Dokumentation der Anzeige, die von der zuständigen Bundesanwaltschaft (BAW) ohne hinreichende Begründung, offenbar aus politischen Motiven, nicht zur Klage erhoben wurde, findet sich hier

Artikel zur Anzeige befinden sich hier, hier und hier




Newroz 2014 und der Friedensprozess in der Türkei

Am 21. März wurde in vielen Regionen im Mittleren Osten das Frühjahrsfest Newroz/Nouruz gefeiert. 2010 erkannte die UN den 21. März als internationalen Feiertag an. Mehr als 300 Mio. Menschen feiern seit mehr als 3000 Jahren auf der Balkanhalbinsel, in der Schwarzmeerregion, im Kaukasus, in Zentralasien und im Mittleren Osten Newroz/Norouz, so auch die kurdische Bevölkerung.

In der Türkei begann zu Newroz 2013 ein Friedensprozess zwischen der türkischen Regierung und der kurdischen Bewegung, auf Impuls des auf der Gefängnisinsel Imrali inhaftierten kurdischen Politikers Abdullah Öcalan. Weltweit hofften Menschen und Politiker, dass auf diese Weise der lang anhaltende Konflikt, der bisher mehr als 60000 Menschen das Leben kostete, endlich schrittweise beigelegt werden kann. Sämtliche Gremien und Organe der EU begrüßten diesen Schritt. Auch 2014 feierten mehrere Millionen KurdInnen in der Türkei das Newrozfest und sprachen sich erneut für Frieden und ein Zusammenleben aller Bevölkerungsgruppen aus.
Der Friedensprozess ist allerdings seit gut einem halben Jahr ins Stocken geraten, weil die Vorleistungen der kurdischen Seite von der türkischen Regierung nicht mit entsprechenden Gegenleistungen beantwortet wurden. Die PKK hatte große Teile ihrer Guerillaverbände aus der Türkei zurückgezogen, sämtliche Gefangenen (acht Mitglieder türkischer Spezialeinheiten) freigelassen und einen Waffenstillstand verkündet, der von der türkischen Regierung erwidert wurde. Allerdings ließ die Regierung in den Regionen, aus denen sich die Guerilla zurückgezogen hatte, zahlreiche neue Militärposten und Wallanlagen bauen und erhöhte darüber hinaus die Anzahl paramilitärischer Dorfschützer. An mehreren Orten wird seitdem die Zivilbevölkerung vertrieben und drangsaliert. Die Menschen leben in ständiger Angst vor Übergriffen.

Immer wieder versuchen Abgeordnete der im Parlament vertretenen kurdischen Demokratischen Friedenspartei (BDP) bisher ohne Erfolg einen ernsthaften Dialog mit der Regierung Erdogan zu führen, um für alle Seiten transparente Schritte zu ermöglichen, wie sie im Verlauf von Friedensprozessen z.B. in Südafrika, südamerikanischen Ländern oder Nordirland stattfanden. Ein von Ministerpräsident Erdogan quasi per Dekret verkündetes „Reformpaket“ enthielt kaum konkrete Schritte und entsprach nicht den Empfehlungen einer von ihm selbst eingesetzten Kommission unabhängiger ExpertInnen. Mittlerweile wurde der Rückzug der Guerillaeinheiten aus der Türkei unterbrochen.

Noch immer sind zudem mehr als 10000 kurdische PolitikerInnen und AktivistInnen (darunter 14 BürgermeisterInnen, 27 stellvertretende BürgermeisterInnen, 59 Journalistinnen, mehr als 50 StadträtInnen und dutzende MenschenrechtlerInnen sowie GewerkschafterInnen) im Rahmen der sogenannten KCK Verfahren inhaftiert. Viele von ihnen befinden sich seit über zwei Jahren ohne Anklageerhebung und ordentliches Verfahren in Untersuchungshaft und müssten auch nach türkischem Recht entlassen werden. Die EU zeigte sich mehrfach besorgt über die politische Motivation hinter den KCK Verfahren und die mangelnde Unabhängigkeit der türkischen Justiz gegenüber Oppositionellen. 544 politische Gefangene sind in einem kritischen Gesundheitszustand, 164 davon todkrank.

„Die friedliche Lösung der kurdischen Frage ist eine Grundvoraussetzung für die Demokratisierung der Türkei. Die EU sollte im Rahmen der Beitrittsverhandlungen Impulse geben, um den stagnierenden Friedensprozess wiederzubeleben. Aus erfolgreichen Friedensprozessen wissen wir, dass nur dann eine Grundlage für positive Entwicklungen entsteht, wenn die am Konflikt beteiligten Akteure einen gleichberechtigten, respektvollen und transparenten Dialog führen“, erklärt Martin Dolzer, Kandidat der Partei DIE LINKE zur Europawahl. „Ein wichtiger Schritt wäre die Türkei aufzufordern in einem ersten Schritt die kranken und dann die weiteren politischen Gefangenen freizulassen. Durch die Entkriminalisierung der kurdischen ExilpolitikerInnen in Europa könnte die EU zudem signalisieren, dass sie den Friedenswillen der kurdischen Seite anerkennt und bereit ist, lang gehegte Feindbildmuster zu überwinden.“


Pressemitteilung des Republikanischen Anwältinnen und Anwältevereins (RAV) 
Nach 28 Monaten: Anwältinnen und Anwälte in der Türkei aus der Haft entlassen – Ende des KCK Verfahrens nicht absehbar
 
Während die Änderung der Gerichtszuständigkeit in dem KCK-Verfahren gegen die Anwälte zu deren Entlassung führte, sind in den anderen KCK-Verfahren gegen Journalisten, Gewerkschaftler und kurdische Politiker sowie in dem ÇHD-Verfahren gegen Strafverteidiger weiterhin zahlreiche Personen inhaftiert. Dies ist mehr als besorgniserregend, und wir fordern die umgehende Freilassung auch dieser Inhaftierten.
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Pressemitteilung, 08.04.2014

Wahlbetrug in der Türkei – AKP will die Alleinherrschaft

Gemeinsame Pressemitteilung von Andrej Hunko, Ulla Jelpke, Harald Weinberg (alle MdB DIE LINKE), Martin Dolzer (Kandidat Europäisches Parlament, DIE LINKE), Marion Padua (Stadträtin Linke Liste Nürnberg), Yilmaz Kaba (Landesvorstand DIE LINKE Niedersachsen)

„Die Vorkommnisse während und nach den Kommunalwahlen in der Türkei sind besorgniserregend. Die AKP versucht mit allen Mitteln, auch durch Wahlbetrug, strategisch wichtige Kommunen zu regieren,
“ erklärt Harald Weinberg, MdB, DIE LINKE.

In Ankara lagen die Republikanische Volkspartei (CHP) und in Ceylanpinar (Serê Kanîyê) und in Hasankeyf (Heskîf) die Partei für Frieden und Demokratie (BDP) während der weit fortgeschrittenen Stimmauszählung bei den türkischen Kommunalwahlen am Sonntag 30. März klar vor der AKP von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan. Dann gab es Stromausfälle in allen drei Städten. Wahlbeobachter/innen aus Delegationen im Auftrag von Bundestagsabgeordneten der LINKEN berichten von Manipulationen während des Stromausfalles. So wurden beispielsweise Wahlhelfer/innen von Polizisten daran gehindert bei den Stimmzetteln zu bleiben. In Ceylanpinar wurden 1.500 Wahlzettel mit Stimmen für die BDP auf einer Müllhalde gefunden, in Hasankeyf ebenfalls hunderte verbrannte Stimmen für die BDP. Die Auszählungen nach den Stromausfällen, ergaben dann jeweils sehr fragwürdige knappe Siege für die AKP.


Gegen daraufhin entstandenen Proteste aus der Bevölkerung gingen Polizisten und AKP-Anhänger brutal vor. In Ankara griff die Polizei Demonstrant/innen mit Wasserwerfern und Schlagstöcken an, in Ceylanpinar ging der Kandidat der AKP gemeinsam mit etwa 150 Mitgliedern und Sympathisanten der Al Quaida Gruppe „Al Nusra Front“ aus Syrien mit körperlicher Gewalt gegen eine Menschenmenge vor dem Büro der BDP vor. Die Beteiligung der Al-Nusra-Söldner in Kampfanzügen wurde von Fernsehkameras dokumentiert.


Während die Beschwerden der BDP in Ceylanpinar und Hasankeyf von der Wahlbehörde zurückgewiesen wurden, ließ diese die Wahl in Agri (kur. Agirî), auf Beschwerde der AKP, ganze 15 mal neu auszählen. Bei jeder Auszählung wurde der knappe Wahlsieg der BDP bestätigt. Polizei und Geheimdienst bedrohen seit den Wahlen die Bevölkerung. In Agri hatte die AKP die letzten drei Kommunalwahlen unter ähnlich widrigen Bedingungen gewonnen.Nun soll dort am 1. Juni erneut gewählt werden.


Ankara, Ceylanpinar, Hasankeyf und Agri sind in der Türkei auf unterschiedliche Weise strategisch wichtig. Ankara selbstredend als Hauptstadt. Ceylanpinar, als türkisch-syrische Grenzstadt, die islamistischen Kämpfern als Ausgangsbasis und Rückzugsort für Angriffe auf die kurdischen Regionen in Syrien (Rojava) dient. Berichten zufolge unterstützt die türkische Armee die Gruppen der Al Quaida für ihre Angriffe auch mit Waffen, Geld, und Sondereinheiten. Der Ort befindet sich seit der Wahl in einem Ausnahmezustand. Für 30 Tage wurden Versammlungen verboten, seit einer Woche ist der Aus- und Zugang zur Stadt blockiert. In der Region Hasankeyf wird gegen massive Proteste der Bevölkerung ein Staudamm gebaut. Mehr als 80000 Menschen sollen umgesiedelt, Weltkulturerbe zerstört werden. Die AKP gewann dort nach dem Stromausfall mit acht Stimmen Mehrheit.

„Die EU sollte mäßigend auf die türkische Regierung einwirken. Wahlergebnisse in strategisch wichtigen Regionen zu manipulieren ist inakzeptabel. Die Beschwerden der betroffenen Parteien und Bevölkerungen in Ankara, Ceylanpinar und Hasankeyf müssen ernstgenommen werden und dazu führen, dass der wirkliche Wille der WählerInnen ermittelt wird. In Agri soll, weil das Ergebnis der AKP Regierung nicht gefällt, noch einmal gewählt werden. Das ist gerade in einer Region in der die Menschen mit nicht regierungskonformer Meinung noch immer ständig von Geheimdienst, Polizei und Militär bedroht und misshandelt werden, eine tragische Farce,“ so Martin Dolzer, Kandidat der Partei DIE LINKE zur Europawahl.
 

„Das Schweigen der Bundesregierung zu diesen offensichtlichen Wahlfälschungen durch eine verbündete Regierung eines NATO-Staates ist schon bezeichnend für die Doppelmoral bei der Beurteilung internationaler Politik. Stellen wir uns vor, was passiert wäre, wenn auf der Krim während der Auszählung zum Referendum Ähnliches berichtet worden wäre. Doch wenn es um die Türkei geht, werden von der Bundesregierung demokratische Prinzipien geopolitischen Überlegungen geopfert,“ kommentiert Ulla Jelpke, MdB, DIE LINKE.

„Dass die Bundesregierung zudem an der Stationierung von Patriot Raketen an der türkisch-syrischen Grenze festhält, dient nicht der Sicherung des Friedens, sondern bestärkt die Türkei darin gegen die von der kurdischen Bevölkerung aufgebauten demokratischen Selbstverwaltungsstrukturen im Norden Syriens vorzugehen. Der Patrioteinsatz müsste endlich beendet werden, nachdem Aufnahmen aus türkischen Regierungskreisen (auf youtube) öffentlich wurden, in denen über einen selbst inszenierten Angriff diskutiert wurde, um eine Intervention in Syrien zu rechtfertigen“ erklärt Andrej Hunko, MdB, DIE LINKE und Mitglied in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats.